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Petition des Monats: Keine Deals mit Nazis

25. September 2023

Die Petition „Keine Deals mit Nazis!“ des Bündnisses Omas gegen Rechts Erfurt e.V. beschäftigte den Petitionsausschuss bereits seit Mai 2021. Nun wurde die Petition in der letzten Sitzung des Petitionsausschusses abgeschlossen.

https://www.die-linke-thl.de/aktuelles/parlamentsreport/detail/petition-des-monats-keine-deals-mit-nazis/

Die Petition „Keine Deals mit Nazis!“ des Bündnisses Omas gegen Rechts Erfurt e.V. beschäftigte den Petitionsausschuss bereits seit Mai 2021. Nun wurde die Petition in der letzten Sitzung des Petitionsausschusses abgeschlossen.

Zu den Forderungen der Petentinnen

Die Petentinnen hatten mit ihrer Sammelpetition gefordert, dass im so genannten „Ballstädt-Verfahren“ keine Verständigungen mit den Angeklagten getroffen werden sollten. Insbesondere sollte erreicht werden, dass die Staatsanwaltschaft generell bei Gewaltverbrechen von Neonazis einer Verständigung nicht zustimmen soll. Zur Erinnerung ein Textausschnitt aus der öffentlichen Petition der Omas gegen Rechts:
„[…] In der Nacht vom 8. zum 9. Februar 2014 kam es in Ballstädt im Landkreis Gotha, Thüringen, zu einem schweren Neonazi-Angriff auf die dortige Kirmesgesellschaft. Mindestens 15 Neonazis drangen mitten in der Nacht, teils schwer bewaffnet, in den Gemeindesaal ein und verletzten 10 Menschen zum Teil schwer. Der Überfall war geplant, der Thüringer Verfassungsschutz hatte die telefonischen Absprachen zum Überfall mitgeschnitten.
Nun, sieben Jahre nach dem schweren Überfall, stellt sich heraus, dass die Thüringer Justiz den Nazis einen Deal unterbreitet hat. Laut Bericht des MDR Thüringen […] plant die Staatsanwaltschaft Erfurt, das Verfahren mit Absprachen deutlich abzukürzen. Laut dem MDR könnte dies auch beinhalten, dass Haftstrafen in Bewährungsstrafen umgewandelt werden, wenn sich die Angeklagten im Gegenzug schuldig bekennen.

Wir – die Omas gegen Rechts Erfurt, eine zivilgesellschaftliche überparteiliche Initiative – halten es für ein fatales Signal, dass die Thüringer Justiz militanten Neonazi-Strukturen Einstellungsangebote unterbreitet oder gar Bewährungsstrafen für Taten, bei denen Menschen schwer verletzt wurden, anbietet. Für die Betroffenen wäre diese Entscheidung der Thüringer Justiz ein zweiter Schlag ins Gesicht, für militante Neonazis im Bundesland ein Signal, auch nach brutalen Angriffen weiter auf freiem Fuß bleiben zu können. Daher fordern wir von der Thüringer Justiz: Keine Deals mit Nazis! […]“
So, wie befürchtet, kam es dann auch. Das Ballstädt-Verfahren, welches sich über viele Jahre schleppte, endete mit marginalen Strafen. Die Täter wurden lange gar nicht oder nur mit sehr geringen Strafen auf Bewährung belegt. In der öffentlichen Anhörung zur Petition am 30. Juni 2022 konnten die Petentinnen mit Sachverständigen ihr Anliegen ausführlich vortragen. Teilweise berichteten sie auch aus ihren Erfahrungen als Prozessbeobachtende. So sei für sie der Eindruck entstanden, dass die Verhängung von Bewährungsstrafen von Anfang an festgestanden habe und die Opfer nicht ernstgenommen und zu Zuschauern eines Deals degradiert worden seien. Der Deal sei für die Opfer eine persönliche Zumutung gewesen und hätte für sie bedeutet, zum zweiten Mal zum Opfer zu werden. Eine beteiligte Anwältin führte aus, dass man sich dabei nicht grundsätzlich einer Verständigung verschlossen hätte, da ein Deal unter Umständen auch für die Betroffenen sinnvoll sein könne. Die Art und Weise und Durchführung des Deals sei jedoch eine Verständigung gegen die Interessen der Opfer gewesen und hätte seitens der Staatsanwaltschaft nicht in dieser Form mitgetragen werden sollen. Dabei gehe es bei der Petition nicht darum, auf Gerichte einzuwirken. Gerichte seien aus vielen verschiedenen Gründen unabhängig und Justizminister sollten keinen Einfluss auf Gerichte nehmen. Es sei jedoch zu klären, wie mit dem Weisungsrecht des Justizministers gegenüber den Staatsanwaltschaften umgegangen werden solle. Darüber hinaus kritisierten die Petentinnen, dass die Einwände der Opfer und der Nebenklage gegen den Deal nicht berücksichtigt worden seien. Die Nebenklage sei zwar rechtliches Gehör zu gewähren, aber die Opfervertretung habe im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft keine Möglichkeit, einen Deal, der zu Lasten der Opfer gehe, zu verhindern.

Empfehlung an den Deutschen Bundestag

Der Petitionsausschuss hatte im Laufe des Petitionsverfahrens die Petition zur Mitberatung an den Justizausschuss gegeben. In diesem Fachausschuss sollte insbesondere die Möglichkeit diskutiert werden, wie das Weisungsrecht des Justizministers gegenüber den Staatsanwaltschaften genutzt werden könne, um Deals mit den Tätern bei Straftaten aus rassistischen, fremdenfeindlichen, antisemitischen und sonstigen menschenverachtenden Beweggründen zu verhindern. Auch die Frage, ob und gegebenenfalls wie die Rechte der Opfer im Rahmen einer Verständigung gestärkt werden könnten, sollte erörtert werden.
Leider kam der Justizausschuss nicht zu einer Einigung in der Frage des Weisungsrechts an die Staatsanwaltschaften, keine Deals bei rassistischen, fremdenfeindlichen, antisemitischen und sonstigen menschenverachtenden Taten einzugehen. Auch die Frage, wie die Opferrechte bei Deals gestärkt werden können, konnte ebenfalls nicht abschließend geklärt werden. Dies sei in der Strafprozessordnung geregelt und diese könne nur auf Bundesebene geändert werden. Der Justizausschuss empfahl daher, die Petition zuständigkeitshalber an den Deutschen Bundestag zu überweisen.

Ausblick und Dank


Der Petitionsschuss ist dieser Empfehlung letztlich gefolgt, in der Hoffnung, dass sich auf Bundesebene doch noch etwas im Sinne der Petentinnen bewegen lässt. Nicht nur in Hinblick auf den erstarkenden Rechtsextremismus im Land, auch für die Opfer von Nazi-Gewalt wäre dies ein wichtiges und dringendes Signal, dass rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische und sonstige menschenverachtende Straftaten mit Nachdruck verfolgt und entsprechend bestraft werden.
Auch wenn die Petition der Omas gegen Rechts noch keinen unmittelbaren Erfolg gezeigt hat, so hat sie doch dafür gesorgt, dass sich die Abgeordneten des Thüringer Landtages und die Thüringer Landesregierung mit der Thematik intensiv auseinandergesetzt haben. Die Omas gegen Rechts, die sich als zivilgesellschaftliche Akteurinnen für unsere Demokratie einsetzen und diese gegen Rechts verteidigen, haben damit nicht nur auf ein ernstes Problem aufmerksam gemacht, sie haben zu ihren Forderungen auch Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Es liegt damit auch an uns, diese Forderungen in Politik und Gesellschaft weiter stark zu machen und den demokratischen Rechtsstaat zu verteidigen. Unser Dank geht an die Omas gegen Rechts! Ihre Petition „Keine Deals mit Nazis!“ ist unsere Petition des Monats.

Quelle: DIE LINKE. Fraktion im Thüringer Landtag. Parlamentsreport. https://www.die-linke-thl.de/aktuelles/parlamentsreport/detail/petition-des-monats-keine-deals-mit-nazis/

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